Kaffee schmecken lernen – systematisch und mit allen Sinnen
Wer sich intensiver mit Kaffee beschäftigt, stößt früher oder später auf den Begriff Cupping. Dabei handelt es sich nicht um einen Trend aus dem Wellnessbereich, sondern um die standardisierte Methode, mit der Kaffee weltweit professionell verkostet und bewertet wird. In Röstereien, auf Plantagen, bei Importeuren und bei internationalen Wettbewerben ist Cupping der Schlüssel, um Qualität zu erkennen, Unterschiede zu schmecken und Aromen objektiv zu beschreiben.
Doch Cupping ist weit mehr als nur ein Werkzeug für Profis. Es ist auch für Kaffeeliebhaber:innen eine faszinierende Möglichkeit, die eigene sensorische Wahrnehmung zu schulen und den Geschmack des Kaffees auf einer viel tieferen Ebene zu erleben. Wer cupt, lernt, Kaffee mit allen Sinnen zu erfassen – und entdeckt in der Tasse Nuancen, die beim täglichen Genuss oft untergehen.
In diesem Beitrag tauchen wir ein in die Kunst des Cuppings: Was genau passiert bei einer Verkostung? Wie sieht der Ablauf aus? Was wird bewertet? Und wie kann man selbst ein Cupping zu Hause oder in der Gruppe durchführen?
Was ist Cupping und warum ist es so wichtig?
Cupping ist die international anerkannte Praxis zur sensorischen Bewertung von Kaffee. Ziel ist es, die Aromen, Säure, Süße, Balance, Körper und den Nachgeschmack eines Kaffees möglichst neutral und vergleichbar zu analysieren. Durch die klaren Regeln und das standardisierte Setup ist es möglich, Kaffees aus verschiedenen Anbaugebieten, Varietäten oder Verarbeitungsmethoden objektiv zu vergleichen.
Diese Form der Verkostung ist besonders wichtig bei:
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Qualitätskontrolle: Röstereien prüfen regelmäßig die Qualität ihrer Chargen.
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Sortenauswahl: Einkäufer:innen vergleichen Muster direkt am Ursprung.
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Wettbewerben: Bei z. B. Cup of Excellence bewerten Jurys Kaffees auf Spitzenniveau.
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Produktentwicklung: Röster:innen passen ihr Röstprofil anhand des sensorischen Feedbacks an.
Cupping ist damit nicht nur ein Ritual, sondern ein zentrales Instrument der Qualitätsarbeit in der Spezialitätenkaffee-Welt.
Der Ablauf eines professionellen Cuppings
Ein Cupping folgt weltweit standardisierten Schritten. Diese ermöglichen es, unterschiedliche Kaffees fair und vergleichbar zu bewerten. Grundlage für viele Cuppings ist das Protokoll der Specialty Coffee Association (SCA).
1. Mahlen und Riechen (Dry Aroma)
Die Kaffeebohnen werden unmittelbar vor dem Cupping frisch gemahlen – meist mittelgrob, vergleichbar mit Filterkaffee. Das trockene Kaffeepulver wird in speziellen Cupping-Schalen (ca. 200 ml) verteilt. Schon hier beginnt die sensorische Analyse: Durch intensives Riechen lassen sich erste Duftnoten wie Schokolade, Beeren, Nuss, Zitrus oder Gewürze wahrnehmen. Diese Eindrücke bilden den ersten Eindruck des Kaffees.
2. Aufgießen und Crust riechen (Wet Aroma)
Jede Schale wird mit exakt 200 ml heißem Wasser (ideal: 93–95 °C) übergossen. Dabei bildet sich eine "Kruste" aus aufschwimmendem Kaffeepulver. Nach etwa vier Minuten wird diese Kruste vorsichtig mit dem Cupping-Löffel aufgebrochen. Dabei entweichen intensive Aromen – der sogenannte "Break" ist ein zentrales Element des Cuppings. Die Duftwolke, die sich in diesem Moment entfaltet, vermittelt weitere Eindrücke des Aromaspektrums.
3. Abschäumen und Abkühlen lassen
Nach dem Break wird mit zwei Löffeln der Schaum von der Oberfläche entfernt. Das sorgt für ein klares Tassenbild und verhindert Geschmacksverfälschungen durch Partikel. Danach lässt man den Kaffee einige Minuten abkühlen – denn erst bei rund 60 °C entfalten sich viele Aromen besonders deutlich.
4. Verkosten durch Schlürfen
Nun folgt der berühmte Moment des "Cupping-Slurp": Mit einem großen, flachen Löffel wird der Kaffee laut und kräftig eingesogen. Dieses Schlürfen verteilt den Kaffee optimal im Mundraum, insbesondere über die Zunge und den Gaumen, und ermöglicht es, die ganze Bandbreite der Aromen wahrzunehmen. Auch Textur, Süße, Säurestruktur und Nachgeschmack werden in diesem Schritt erfasst.
5. Bewerten und Protokollieren
Jede Probe wird nach festgelegten Kriterien bewertet – oft auf einer Skala von 6 bis 10 Punkten pro Kategorie. Das Ergebnis wird im Cupping-Protokoll festgehalten, das sowohl subjektive Eindrücke als auch vergleichbare Noten enthält. Profi-Cupper nutzen diese Scores zur Beurteilung von Qualität, Konsistenz und Potenzial.
Was wird beim Cupping bewertet?
Die sensorische Analyse folgt bestimmten Bewertungskategorien, um eine umfassende Einschätzung des Kaffees zu ermöglichen:
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Aroma: Wie duftet der Kaffee im trockenen Zustand und nach dem Aufgießen?
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Flavor: Der Gesamteindruck des Geschmacks, inklusive aromatischer Feinheiten.
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Aftertaste: Der Eindruck, der nach dem Schlucken bleibt – kurz, lang, angenehm?
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Acidity: Säuregehalt – von spritzig-zitronig bis weich und weinartig.
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Body: Das Mundgefühl – cremig, samtig, ölig oder eher leicht und dünn?
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Balance: Wie harmonieren alle Elemente miteinander? Gibt es Ausreißer?
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Sweetness: Wie süß wirkt der Kaffee auf natürliche Weise?
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Clean Cup: Wie rein und klar sind die Aromen? Gibt es Fremdnoten?
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Uniformity: Sind alle Tassen derselben Probe gleichbleibend?
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Overall Score: Gesamteindruck und Potenzial des Kaffees.
Diese Bewertung liefert einen tiefen Einblick in die Qualität eines Kaffees und ist essenziell für Profis – aber auch für Genießer:innen ein spannendes Lernfeld.
Wie du selbst ein Cupping machen kannst
Cupping kann mit einfachen Mitteln auch zu Hause oder im Freundeskreis durchgeführt werden – als Lernprozess, Geschmackserlebnis oder unterhaltsames Event.
Was du brauchst:
- 3–5 verschiedene Kaffees (jeweils frisch geröstet und mittelgrob gemahlen)
- Cupping-Schalen oder normale Gläser (je ca. 200 ml Fassungsvermögen)
- Digitale Waage, Wasserkocher mit Temperaturanzeige, Timer
- Cupping-Löffel (alternativ: große Suppenlöffel)
- Notizblätter oder Cupping-Formulare
So funktioniert’s:
- Je 12 g Kaffeepulver pro Glas abwiegen.
- Trockene Aromen nacheinander riechen und notieren.
- Mit 200 ml Wasser bei 94 °C aufgießen – Timer starten.
- Nach 4 Minuten Kruste mit Löffel brechen, dabei tief riechen.
- Schaum abschöpfen und den Kaffee 2–3 Minuten abkühlen lassen.
- Mit dem Löffel schlürfen, Geschmack, Textur und Nachgeschmack beurteilen.
- Eindrücke einzeln notieren und später im Vergleich besprechen.
- Tipp: Verkoste blind, also ohne zu wissen, welcher Kaffee in welchem Glas ist. So trainierst du deine Wahrnehmung besonders effektiv.
Fazit: Cupping als Zugang zur Aromenvielfalt
Cupping ist mehr als eine Methode – es ist eine Entdeckungsreise in die Welt des Geschmacks. Ob du Profi oder Neuling bist, mit jeder Verkostung lernst du, Kaffee differenzierter wahrzunehmen, sensorisch einzuordnen und bewusster zu genießen.
Die Kunst des Cuppings zeigt, wie komplex und spannend Kaffee wirklich ist: von fruchtigen Hochlandbohnen über schokoladige Blends bis hin zu experimentell fermentierten Microlots. Wer regelmäßig cupt, entwickelt nicht nur ein sensorisches Gedächtnis, sondern auch ein tiefes Verständnis für Qualität, Herkunft und Verarbeitung.
Cupping verbindet Menschen, öffnet Sinne und vertieft die Beziehung zur Tasse. Es ist ein Werkzeug für Profis – und ein Genussmittel für alle, die mehr in Kaffee sehen als nur einen Wachmacher.
Die Kunst des Cuppings: Wie Kaffee professionell verkostet wird
Kaffee schmecken lernen – systematisch und mit allen Sinnen
Wer sich intensiver mit Kaffee beschäftigt, stößt früher oder später auf den Begriff Cupping. Dabei handelt es sich nicht um einen Trend aus dem Wellnessbereich, sondern um die standardisierte Methode, mit der Kaffee weltweit professionell verkostet und bewertet wird. In Röstereien, auf Plantagen, bei Importeuren und bei internationalen Wettbewerben ist Cupping der Schlüssel, um Qualität zu erkennen, Unterschiede zu schmecken und Aromen objektiv zu beschreiben.
Doch Cupping ist weit mehr als nur ein Werkzeug für Profis. Es ist auch für Kaffeeliebhaber:innen eine faszinierende Möglichkeit, die eigene sensorische Wahrnehmung zu schulen und den Geschmack des Kaffees auf einer viel tieferen Ebene zu erleben. Wer cupt, lernt, Kaffee mit allen Sinnen zu erfassen – und entdeckt in der Tasse Nuancen, die beim täglichen Genuss oft untergehen.
In diesem Beitrag tauchen wir ein in die Kunst des Cuppings: Was genau passiert bei einer Verkostung? Wie sieht der Ablauf aus? Was wird bewertet? Und wie kann man selbst ein Cupping zu Hause oder in der Gruppe durchführen?
Was ist Cupping und warum ist es so wichtig?
Cupping ist die international anerkannte Praxis zur sensorischen Bewertung von Kaffee. Ziel ist es, die Aromen, Säure, Süße, Balance, Körper und den Nachgeschmack eines Kaffees möglichst neutral und vergleichbar zu analysieren. Durch die klaren Regeln und das standardisierte Setup ist es möglich, Kaffees aus verschiedenen Anbaugebieten, Varietäten oder Verarbeitungsmethoden objektiv zu vergleichen.
Diese Form der Verkostung ist besonders wichtig bei:
Cupping ist damit nicht nur ein Ritual, sondern ein zentrales Instrument der Qualitätsarbeit in der Spezialitätenkaffee-Welt.
Der Ablauf eines professionellen Cuppings
Ein Cupping folgt weltweit standardisierten Schritten. Diese ermöglichen es, unterschiedliche Kaffees fair und vergleichbar zu bewerten. Grundlage für viele Cuppings ist das Protokoll der Specialty Coffee Association (SCA).
1. Mahlen und Riechen (Dry Aroma)
Die Kaffeebohnen werden unmittelbar vor dem Cupping frisch gemahlen – meist mittelgrob, vergleichbar mit Filterkaffee. Das trockene Kaffeepulver wird in speziellen Cupping-Schalen (ca. 200 ml) verteilt. Schon hier beginnt die sensorische Analyse: Durch intensives Riechen lassen sich erste Duftnoten wie Schokolade, Beeren, Nuss, Zitrus oder Gewürze wahrnehmen. Diese Eindrücke bilden den ersten Eindruck des Kaffees.
2. Aufgießen und Crust riechen (Wet Aroma)
Jede Schale wird mit exakt 200 ml heißem Wasser (ideal: 93–95 °C) übergossen. Dabei bildet sich eine "Kruste" aus aufschwimmendem Kaffeepulver. Nach etwa vier Minuten wird diese Kruste vorsichtig mit dem Cupping-Löffel aufgebrochen. Dabei entweichen intensive Aromen – der sogenannte "Break" ist ein zentrales Element des Cuppings. Die Duftwolke, die sich in diesem Moment entfaltet, vermittelt weitere Eindrücke des Aromaspektrums.
3. Abschäumen und Abkühlen lassen
Nach dem Break wird mit zwei Löffeln der Schaum von der Oberfläche entfernt. Das sorgt für ein klares Tassenbild und verhindert Geschmacksverfälschungen durch Partikel. Danach lässt man den Kaffee einige Minuten abkühlen – denn erst bei rund 60 °C entfalten sich viele Aromen besonders deutlich.
4. Verkosten durch Schlürfen
Nun folgt der berühmte Moment des "Cupping-Slurp": Mit einem großen, flachen Löffel wird der Kaffee laut und kräftig eingesogen. Dieses Schlürfen verteilt den Kaffee optimal im Mundraum, insbesondere über die Zunge und den Gaumen, und ermöglicht es, die ganze Bandbreite der Aromen wahrzunehmen. Auch Textur, Süße, Säurestruktur und Nachgeschmack werden in diesem Schritt erfasst.
5. Bewerten und Protokollieren
Jede Probe wird nach festgelegten Kriterien bewertet – oft auf einer Skala von 6 bis 10 Punkten pro Kategorie. Das Ergebnis wird im Cupping-Protokoll festgehalten, das sowohl subjektive Eindrücke als auch vergleichbare Noten enthält. Profi-Cupper nutzen diese Scores zur Beurteilung von Qualität, Konsistenz und Potenzial.
Was wird beim Cupping bewertet?
Die sensorische Analyse folgt bestimmten Bewertungskategorien, um eine umfassende Einschätzung des Kaffees zu ermöglichen:
Diese Bewertung liefert einen tiefen Einblick in die Qualität eines Kaffees und ist essenziell für Profis – aber auch für Genießer:innen ein spannendes Lernfeld.
Wie du selbst ein Cupping machen kannst
Cupping kann mit einfachen Mitteln auch zu Hause oder im Freundeskreis durchgeführt werden – als Lernprozess, Geschmackserlebnis oder unterhaltsames Event.
Was du brauchst:
So funktioniert’s:
Fazit: Cupping als Zugang zur Aromenvielfalt
Cupping ist mehr als eine Methode – es ist eine Entdeckungsreise in die Welt des Geschmacks. Ob du Profi oder Neuling bist, mit jeder Verkostung lernst du, Kaffee differenzierter wahrzunehmen, sensorisch einzuordnen und bewusster zu genießen.
Die Kunst des Cuppings zeigt, wie komplex und spannend Kaffee wirklich ist: von fruchtigen Hochlandbohnen über schokoladige Blends bis hin zu experimentell fermentierten Microlots. Wer regelmäßig cupt, entwickelt nicht nur ein sensorisches Gedächtnis, sondern auch ein tiefes Verständnis für Qualität, Herkunft und Verarbeitung.
Cupping verbindet Menschen, öffnet Sinne und vertieft die Beziehung zur Tasse. Es ist ein Werkzeug für Profis – und ein Genussmittel für alle, die mehr in Kaffee sehen als nur einen Wachmacher.